Die neue Seidenstrasse

16.09.2019

Es ist ein Projekt der Superlative. Die „neue Seidenstraße“ soll neue Handelswege eröffnen. Hundert Länder sind involviert, ein
Investitionsvolumen von 1,1 Billionen Dollar geplant. Doch um was handelt
es sich hier genau bei diesem chinesischen Großprojekt?

Auf seiner Europareise hat Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping mit seinem Entwurf einer „Seidenstraße“ Politiker, Geschäftsleute und China-Experten auf- horchen lassen. Schon 2013 sprach der erfolgsorientierte Vordenker Xi im Zusammenhang mit seinem „chinesi- schen Traum“ von der „großen Wieder- geburt der chinesischen Nation“. Das Seidenstraße-Projekt wurde initiiert.

Im Chinesischen heißt das Projekt „Yi Dai Yi Lu“, was so viel bedeutet wie „ein Band“ und „eine Straße“. Dies an Anleh- nung an die Seidenstraßen, über die seit mehr als zweitausend Jahren Güter und Ideen von Ost nach West, zu Land oder über das Meer transportiert wurden. Heute liegt das Augenmerk Chinas vor allem darauf, den unersättlichen Hunger nach fossilen Brennstoffen, sprich Kohle, Erdgas und Erdöl zu stillen. China ist von der Fläche her eines der größten Län- der der Welt, besitzt leider aber wenige Rohstoffe. Um das stetige Wachstum garantieren zu können, muss China daher diese Rohstoffe importieren. Der Begriff Seidenstraße geht auf den im 19. Jahrhun- dert lebenden deutschen Geografen Ferdinand von Richthofen zurück, der den Begriff erstmals 1877 verwendete.

Das Wort Seidenstraße bezeichnet ein Netz von Karawanenstraße, in dessen Hauptroute den Mittelmeerraum auf dem Landweg über Zentralasien mit Ostasien verband. Auf der antiken Seidenstraße wurde in westliche Richtung hauptsäch- lich mit Seide, gen Osten vor allem mit Wolle, und Edelmetallen gehandelt. Nicht nur Kaufleute, Gelehrte und Armeen nutzten ihr Netz, sondern auch Ideen, Religionen und ganze Kulturkreise mig- rierten auf den Routen von Ost nach West und umgekehrt.

Im Großprojekt „Neue Seidenstraße“ sind über 100 Länder involviert, die mehr als 60 Prozent der Weltbevölkerung und 40 Prozent der weltweiten Wirtschafts- kraft ausmachen. Entlang dieser Handels- route sollen Eisenbahnen, Straßen, Brü- cken, Tunnel, Häfen, Pipelines, Flughäfen, Kraftwerke, also ganze Infrastrukturen gebaut werden. Von Peking bis Rom, von Laos bis Marokko, von Shenzen bis Düs- seldorf, von Moskau bis Südkorea, von den Steppen Zentralasiens und der Wüste Nordafrikas soll Ware transportiert und gehandelt werden.

China träumt von einem weltum- spannenden Netz aus Handelsrouten und Wirtschaftskorridoren. Dank dieser neuen Verkehrswege und verbesserter Infrastrukturen soll der Warenaustausch und somit die Wirtschaft der an der Seidenstraße liegenden Länder ange- kurbelt werden. Ideen, Ideologien und Werte könnten mit höherer Intensität geteilt werden. Ein Vorteil gegenüber der antiken Seidenstraße wäre auch, dass Krankheiten im 21. Jahrhundert effizient verhindert werden und deren Ausbreitung gestoppt werden könnte.

Zwischen Luxemburg und China wurden verschiedene Abkommen unterzeichnet

Außerdem will die chinesische Regierung: Ihre Unternehmen besser auslasten, indem sie mehr Absatz und Arbeitsplätze schafft. Die Handelswege erschließt sie, um in Zukunft besser Handel betreiben zu können. Das Megaprojekt hat auch eine politische Dimension, da diese neuen Handelswege die teilnehmenden Länder und Absatzmärkte enger an China binden. Es steht immer wieder der Vorwurf im Raum, China würde wissentlich teilnehmende finanzschwache Länder in die Überschuldung führen, um dadurch einen stärkeren politischen Hebel auf diese Länder zu haben. Hierzu gibt es aber keine handfesten Beweise.

Für die Realisierung dieses monumentalen Plans sieht das chinesische Finanzierungsmodell bis in die Jahre 2030 bis 40 ein Budget von 1,1 Billionen US-Dollar vor, finanziert über den Seidenstraßen-Fonds sowie über die Asiatische Infrastruktur-Investmentbank, die von 60 Staaten, darunter auch Luxemburg, finanziert wird.

China hält hier aber kompromisslos die Zügel in der Hand und sorgt dafür, dass Peking das Sagen hat und behält. Deshalb mehren sich in Europa und Amerika Stimmen über dubiose und unlautere Absichten. China macht aber nur das, was die meisten Länder tun. Es schaut zuerst nach seinen persönlichen Interessen. Bisher sind nämlich 90 Prozent der Aufträge laut einer Studie des Center for Strategic and International Studies an chinesische Firmen gegangen.

Erste Investitionen und Kooperationen innerhalb der EU haben schon stattgefunden. Prominentes Beispiel ist der Hafen von Piräus in Griechenland. Der Großhafen liegt außerhalb von Athen und wurde von der chinesischen Groß- Reederei COSCO mithilfe der China Development Bank übernommen. Die Übernahme ist gut gelaufen, seitdem hat sich der Güterumschlag vervielfacht. Ein weiteres Beispiel ist der Bau der Peljesac-Brücke in Kroatien. Obwohl sie oft als Seidenstraßen-Projekt bezeichnet wird, wird sie größtenteils von der EU finanziert und lediglich von einem chinesischen Konsortium gebaut. In Deutschland ist es die neu verknüpfte Eisenbahnverbindung, die in Chonqgin in der chinesischen Provinz Sichuan beginnt und am Duisburger Hafen endet. Inzwischen kommen dort pro Woche mehrere Dutzend Frachtzüge mit chinesischen Waren an.

Und inwiefern ist Luxemburg im Projekt neue Seidenstraße involviert?

Am 27. März dieses Jahres traf Premier Xavier Bettel seinen chinesischen Homologen Li Keqiang. Hier ging es vor allem um die bilateralen Beziehungen der beiden Länder und über die großen Dossiers der internationalen Politik. Außerdem wurden verschiedene Abkommen unterschrieben. Eines handelt von der Kooperation in Bezug auf die „neue Seidenstraße“. Details dieses Abkommens wurden bisher aber noch nicht preisgegeben.

Auf jeden Fall wird das Megaprojekt „neue Seidenstraße“ weltbewegende Folgen haben. Es bleibt abzuwarten, inwiefern Luxemburg hiervon Kapital schlagen wird.

Pascal Kayser arbeitet seit über 25 Jahren im Finanzwesen und davon 20 in der Anlageberatung. Seit 2012 betreut er Privat- und auch Firmenkunden bei Capitalatwork Foyer Group. Außerdem präsentiert er wöchentlich die Finanzchronik auf RTL Télé Lëtzebuerg. Sein Leitmotiv ist, seinen Kunden maßgeschneiderte Lösungen zu bieten und dabei die Börsenwelt einfach und verständlich wiederzugeben.

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